Durchgangsstation Belgrad

In der Berichterstattung der letzten Monate hatte ich unter anderem gelesen, dass Belgrad eine Durchgangsstation für Flüchtlinge auf dem Weg nach Norden sei. Doch bis heute Mittag hatten wir dafür kaum Anzeichen finden können. Als wir entlang einer Grünanlage hinter dem Bahnhof schlendern, ändert sich das. Man kann deutlich erkennen, dass hier vor kurzem jede Menge Zelte gestanden haben müssen, das Gras ist verschwunden. In der Mitte des Platzes tummelt sich eine größere Gruppe junger Männer um eine improvisierte Essensausgabe. Bei den meisten müßte es sich um Afghanen handeln. Ich spreche eine größere Familie an, die sich am Rand auf den Boden gesetzt hat. Sie kommt aus Kabul und möchte noch weiter zu einem Auffanglager in der Nähe. Der Vater bedeutet mir freundlich, dass ich seine Kinder fotografieren dürfe, ihn und die beiden Frauen die dabei sind lieber nicht.

An der improvisierten Essensausgabe fallen mir drei westliche Frauen auf, die ich anspreche. Sie sind unabhängige Volunteers, die das Essen organisiert haben. Selma (21) aus Russland beantwortet mir bereitwillig meine Fragen. Eigentlich ist sie halb Kubanerin und halb Russin, in den USA aufgewachsen und wird nun in Russland studieren. Während sie in Rumänien auf einer Farm als freiwillige Helferin gearbeitet hat, lernte Sie Leute kennen die von der Volunteer-Arbeit in Belgrad erzählten. Seit drei Wochen ist sie nun hier und versucht den ankommenden Flüchtlingen am Bahnhof wenigstens eine warme Mahlzeit zu bieten. Bis zur kürzlichen Wiederwahl des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić habe es am Bahnhof ein Willkommens-Zentrum gegeben, in dem die Flüchtlinge sich mit Kleidung und Essen hätten versorgen können. Zwei Tage nach der Wahl kam die Polizei, räumte den Park und riss das Zentrum ein. Es gebe nun weiter draußen das Auffanglager, in das auch die afghanische Familie fahren will. Viele Flüchtlinge bevorzugten es jedoch am Bahnhof zu bleiben, da sie ohnehin weiter nach Norden wollten. Sie hätten Angst, dass diese Möglichkeit vorbei sei, sobald sie in Serbien registriert seien. Noch ungefähr drei Wochen möchte Selma in Belgrad helfen. Dann wird sie nach Moskau gehen, um dort Cinematography zu studieren.

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