Kosovo, das Land das es nicht gibt.

Kosovo, das Land das es laut unserem Hotelpagen in Belgrad gar nicht gibt. “Of course is Kosovo part of Serbia! And it always will be!”, sagt er zur politischen Lage. Eine Annäherung Serbiens an die EU sieht er kritisch, nachdem die UEFA den Kosovo zur EM zugelassen hat.Bei der Einreise von Montenegro zeigt sich der souveräne Staat aber deutlich: Ich werde von der Kosovo Police Force kontrolliert. Nach der Übernachtung in Milans Datsche haben sich Martins und meine Wege getrennt. Er möchte über Bosnien zurück nach Deutschland, ich weiter Richtung Süden. Nachdem ich den 1800 Meter hohen Kula-Pass, auf dem immer noch Schnee liegt, überwunden habe, schlängelt sich die Straße hinab zum Grenzübergang. Besnik (29) verkauft mir dort eine KfZ-Versicherung, die Grüne Versicherungskarte gilt im Kosovo nicht. „Ich spreche auch Deutsch“, sagt er stolz. Besnik hat von 1999 bis 2001 die Bismarckschule in Memmingen besucht. Allein die zwei Jahre hätten gereicht, dass er heute eine deutlich bessere Ausbildung als die meisten Anderen im Kosovo habe, berichtet er. Und bleiben wollte er offensichtlich auch nicht: Die mögliche Heirat einer deutschen Kosovarin habe er ausgeschlagen, heute lebe er glücklich mit Frau und zwei Kindern in Pec.
Knapp zehn Jahre ist es her, dass ich zuletzt den Kosovo besucht habe. Kurz nach der Grenze flippen drei Halbstarke auf Mopeds völlig aus, als sie mich sehen. Sie fahren mir nach, überholen mich, lassen sich zurück fallen und Johlen aus Bewunderung über mein Motorrad. Alle drei ohne Helm natürlich. Außer dieser stereotypen Begegnung entspricht der Kosovo nicht mehr wirklich dem, was ich in Erinnerung habe. Auf dem Weg nach Prizren fällt mir vor allem die nagelneue Autobahn auf, über die ich dahingleite. Rechts und links säumen Tankstellen und ein Baustoffunternehmen nach dem anderen den Weg. Es gibt weniger unverputzte Häuser als damals. In Prizren angekommen finde ich eine Stadt vor, die überquillt von balzwilligen Teenagern in knallengen Klamotten. Es ist eine Art Frühlingsfest mit Autoscooter und Kettenkarusell direkt vor dem Feldlager der Bundeswehr aufgebaut. Am heutigen Samstag sind deshalb busseweise Tagesausflügler aus der Region heran gekarrt worden. Zwischendrin ist oft auch Deutsch oder Schwitzerdeutsch zu hören. Viele Kosovaren aus der Diaspora sind auf Frühlingsurlaub hier. Auf dem Weg zur Kalaja-Festung erklärt ein Vater seinem kleinen Jungen auf schweizerisch, dass das Viertel vor einigen Jahren noch zerstört war. Heute stehen hier etliche Neubauten. Während ich von der Festung auf Prizren blicke, erinnere ich mich an den Besuch der damaligen Kanzlerkandidatin Angela Merkel, während meines Auslandseinsatzes 2005.