Ukraine in Istanbul und Besiktas gewinnt die Meisterschaft

Es rattert und surrt im Geldautomaten, dann folgt der Absturz – und meine Kreditkarte ist im Schlund der Maschine verschwunden. Als ich hilflos versuche, die türkische Nachricht auf dem Automaten zu entziffern, kommt mir Kadir zur Hilfe, ein Kurde der in Schweden lebt und auf Heimaturlaub ist. Er kann mir zwar den Satz übersetzen, aber die Karte bekomme ich trotzdem nicht zurück. Wir treffen uns abends wieder, um in Istanbul auszugehen. Er ist in Begleitung zweier Ukrainerinnen, die er ebenso zufällig kennen gelernt hat wie mich. Alisa (28) und Liubov (30) sind für einige Tage in Istanbul, um ihren gemeinsam gedrehten Doku-Film „Alisa in Warland“, bei den 8. TRT Documentary Awards zu repräsentieren. In den vergangenen zwei Jahren waren sie mit den Dreharbeiten beschäftigt: Der Film begleitet Alisa, die in Kiev Dokumentarfilm studiert, von der Maidan-Revolution, über ihre Gefangennahme durch prorussische Separatisten bis zu ihrer Reise an die Ostfront. Liubov hat dabei Alisa gefilmt, Alisa den Krieg. Sie schließt sich dort einer proukrainischen, rechtsgerichteten Freiwilligentruppe an, anfangs um den Krieg mit der Kamera zu dokumentieren, später identifiziert sie sich mit den Kämpfern und singt ihre patriotischen Lieder mit. Weil sie immer mehr die Distanz verliert, setzt sie ihre Beziehung zu einem französischen Korrespondenten aufs Spiel. Seit der Film erstmals auf dem International Documentary Filmfestival Amsterdam gezeigt wurde, tingeln Alisa und Liubov damit um die Welt. Bevor sie in zwei Tagen nach Warschau fliegen, machen wir mit Kadir die Nacht zum Tage.

Leider erreicht mich in Istanbul auch die schlechte Nachricht, dass mein Visum für den Iran zum wiederholten Male abgelehnt wurde. Ich werde trotzdem noch einmal in der Iranischen Botschaft Istanbul vorstellig. „Was kann ich tun, um noch den Stempel zu bekommen“, frage ich den Mann am Schalter und er antwortet: „Ich weiß es nicht.“ Ein Anruf im Konsulat in Frankfurt bleibt ebenfalls erfolglos. Nachdem ich mir mittags den Film der beiden Ukrainerinnen angesehen habe, schlendere ich in der Dämmerung an der Vodafone-Arena vorbei. Hier gewinnt Besiktas gerade die Meisterschaft. Ein Stadtviertel im Ausnahmezustand, schon zur Halbzeit als es 2:0 stand! Ich versuche, schnell den sicheren Hafen meines Hostels zu erreichen. Am nächsten Tag geht es erst einmal weiter nach Ankara.

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