Zu Lande und in der Luft

Es ist noch dunkel, als mich der Bus um 4:30 Uhr für die Fahrt zum Startplatz abholt. Zwei Stunden später schweben wir mit rund 15 Leuten und unserem Kapitän Seyit Ünsal (35) lautlos über den Kulturstätten von Göreme in Kappadokien. Der Ort sticht durch seine unzähligen Gesteinsformationen und in den Fels geschlagenen, historischen Behausungen hervor. Vor ungefähr 18 Jahren haben zwei Urlauber und Ballonfahrer die perfekten Bedingungen fürs Ballonfahren hier entdeckt. Seitdem hat es sich als Highlight unter den örtlichen Touristenattraktionen entwickelt. „Früh morgens ist die Thermik am besten“, erklärt Seyit (35), der dreieinhalb Jahre bei den türkischen Fallschirmjägern gedient hat. Inzwischen ist der zweifache Vater Inhaber einer Tourismusagentur, eines Hotels und seit acht Jahren auch mehrerer Heißluftballons. Ob er zufrieden mit der Entwicklung in der Türkei sei? „Es geht nur aufwärts mit uns“, sagt er, „da habe er keine Zweifel!“. Ob er auch einen Umsatzeinbruch verzeichne, frage ich weiter. „Freilich gibt es dieses Jahr etwa 30 Prozent weniger Touristen“, gesteht er ein. Doch in Göreme sei das erstens nicht so stark zu spüren gewesen und außerdem wirkten sich die terroristischen Aktivitäten auch in Spanien und Frankreich aus, das ginge schließlich allen so.
Wieder festen Boden unter den Füßen, rolle ich auf meinen zwei Rädern aus der Felsenstadt hinaus. Während in Ankara kaum etwas von der Flüchtlingskrise zu spüren war, zeigt sie sich hier, etwas weiter südlich, wieder von Neuem. Als ich von Adana nach Karatas fahre, wo ich übernachten möchte, sind rechts und links der Straße wieder kleine illegale Zeltansammlungen zu sehen. Allerdings gibt es hier im Unterschied zu Idomeni keine Waschcontainer oder Stromzufuhr. Die Flüchtlinge scheinen auf sich alleine gestellt zu sein. In der nächsten Ortschaft bettelt eine kaum zwanzigjährige Syrerin mit einem Neugeborenen auf dem Arm an einer roten Ampel.