Vom Charyn Canyon bis nach Nordkasachstan

„Für eine harte und entbehrliche Motorrad-Tour, geht’s uns hier ziemlich gut“, sage ich zu Eric, als wir abends am unteren Ende des befahrbaren Teils des Charyn Canyon auf der Terasse unserer Bungalows sitzen. Im Hintergrund rauscht der Fluss durch die Schlucht und wir verspeisen Erics Asia-Nudeln vom Campingkocher. Französische Haute Cuisine eben!

Der Canyon hält, was er verspricht: Das Naturschauspiel ist atemberaubend. Inzwischen haben wir uns als Team so aneinander gewöhnt, dass Eric vorschlägt, seinen Alamty-Besuch sausen zu lassen und gemeinsam mit mir Kasachstan zu queren. Ich schlage dankbar ein, wohlwissend, dass die langen, geraden Straßen Kasachstans eine mentale Herausforderung darstellen. Am nächsten Morgen geben wir uns der endlosen Steppe bei 35 Grad hin, und es wird Zeit den Mp3-Player einzuschalten.

Inzwischen bin ich auf dieser Tour etliche Male von der Polizei angehalten worden. Bezahlt habe ich nie, inzwischen kann ich mit den Gesetzeshütern umgehen. Die beiden Male in Kasachstan sind jedoch zu erheiternd, um sie hier auszusparen. Nachdem wir Almaty nördlicherseits passiert haben, kommen wir in einen stationären Checkpoint der Polizei. Der Beamte kommt uns mit künstlich-autoritärem Gehabe: „Documents motocycle!, where you from?“ Als ich ihm erkläre, dass Eric aus Frankreich ist und ich aus Deutschland komme, kräuseln sich seine Augenbrauen. Er hält mir einen Trichter aus Papier unter die Nase und bedeutet mir hineinzupusten. „I know you drink beer“, behauptet er nun, “ I know you drink beer three days ago!“ Ich bin mir nicht sicher, ob ich lauthals los lachen soll. Dann reiße ich mich aber zusammen und erkläre ihm mehrmals, dass ich nie Alkohol trinke. Schließlich lässt er uns fahren und wir prusten los, als wir wieder auf den Mopeds sitzen.

Die Straße ist gut und wir nutzen den ausnahmsweise makellosen Asphalt. Ein paar Stunden später düsen wir mit 125 statt geforderten 110 prompt in einer Radarfalle. Ich raune Eric noch zu: „You speak!“, als die Polizisten auf uns zu kommen. Normalerweise bin ich sprachlich etwas fitter und übernehme die Konversation, doch hier scheint mir das von Nachteil. Eric lässt sich nicht zweimal bitten, und macht auf Französisch dermaßen den Clown, dass wir fünfzehn Minuten später gemeinsame Fotos mit den Polizisten machen und lachend von dannen ziehen. Danach wieder stundenlanges Ertragen von Hitze und Eintönigkeit. Wir übernachten in einem Truck-Stop im Nirgendwo. Während wir unter freiem Himmel Schaschlik und Borsch vertilgen, dröhnt aus der Glotze über uns klassisches russisches Trash-TV.

Am nächsten Tag geht es weiter mit dem Gejuckele und Geruckele auf endlosen schlechten Straßen voller Schlaglöcher. Irgendwo auf der Strecke verabschiedet sich mein Rücklicht. Ich habe beschlossen, wie geplant einen Schlenker über Pawlodar nach Russland zu machen, um in der vermeintlich deutschen Stadt Halbstadt einen Stop einzulegen und mich auf die Spuren der Russlanddeutschen zu begeben. Eric hingegen möchte auf schnellstem Weg in die Mongolei. Daher endet am Abend unser gemeinsames Stück Weg. Am Morgen verabschieden wir uns herzlich. Dann biegt Eric nach links und ich nach rechts ab.

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